Arbeitsunfähigkeit in den Niederlanden

Sollte ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig werden, so hat der Arbeitgeber in den Niederlanden gegenüber seinem Arbeitnehmer gewisse Verpflichtungen. Dazu zählen unter anderem die Lohnfortzahlung, das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt.

Lohnfortzahlungen bei Arbeitsunfähigkeit 

Der Arbeitgeber ist in den Niederlanden verpflichtet seinem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit für zwei weitere Jahre (24 Monate) monatlich mindestens 70% des aktuellen Sozialversicherungsgehalts (ndl. maximum dagloon) auszuzahlen. Davon abweichende und für den Arbeitnehmer vorteilhafte Regelungen, wie z.B. eine Auszahlung von 100% des monatlichen Gehalts, können von den Vertragsparteien im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer aufgrund von ein und derselben Erkrankung als Arbeitskraft ausfällt, sondern für die Berechnung der Lohnfortzahlungen ist in den Niederlanden der Zustand der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich. Sollte die Lohnfortzahlung eine Dauer von 24 Monaten übersteigen, so muss der Arbeitnehmer mindestens für einen Monat arbeitsfähig sein, bevor der Arbeitgeber im Falle der erneuten Arbeitsunfähigkeit zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.

Sollte der Arbeitnehmer aufgrund derselben Ursache länger als 24 Monate arbeitsunfähig sein, so kann dieser bei der UWV (Uitvoeringsinstituut Werknemerverzekering) in den Niederlanden einen Antrag auf Verlängerung der Lohnfortzahlung beantragen. Sofern diesem Antrag durch die Behörde stattgegeben wird, kann der Arbeitgeber gegen diese Entscheidung in Berufung gehen. Damit ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in den Niederlanden eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen. In Deutschland besteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohnfortzahlung für jede neue Krankheit hingegen maximal sechs Wochen. 

 

Wann ist Arbeitsunfähigkeit gegeben?

Ein Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig, wenn dieser aufgrund körperlichen oder geistigen Beschwerden nicht in der Lage ist, seine Aufgaben als Arbeitskraft zu erfüllen. Sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmer sein, so kann der Arbeitgeber ein Zweitgutachten bei der UWV anfragen. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, seinem Arbeitnehmer den Lohn im Falle der Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlen, sofern der Arbeitnehmer den Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit selbst verschuldet hat.

 

Konsequenzen der Lohnfortzahlungen für den Arbeitgeber 

Durch diese Regelung im niederländischen Arbeitsrecht geht der Arbeitgeber mit der Festanstellung von Arbeitnehmern ein hohes wirtschaftliches Risiko ein. Entsprechend war zu beobachten, dass Arbeitgeber zum Unmut der Arbeitnehmer vermehrt befristete Arbeitsverträge schlossen. Die arbeitnehmerfreundlich gedachte Regelung bewirkte somit eher Gegenteiliges. Daher wurde 2017 in den Niederlanden eine Reduzierung der Lohnfortzahlungen für Betriebsstätte mit weniger als 25 Beschäftigten auf ein Jahr diskutiert. Dieser Vorschlag wurde in den Folgejahren jedoch nicht weiter konkretisiert. Für den Fall der Lohnfortzahlungen trotz Ausfall der Arbeitskraft sichert sich der Arbeitnehmer in der Regel durch den Abschluss entsprechender Versicherungen (ndl. ziekterverzuimverzekering) ab.

 

Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt 

Im Fall einer Langzeiterkrankung gelten in den Niederlanden die gesetzlichen Regelungen des Gesetzesüber die Wiedereingliederung von Langzeiterkrankten in den Arbeitsmarkt (Wetverbetering Poortwachter). Neben dem Betriebsarzt stehen dem Arbeitgeber auch weitere Fachleute bei der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern zur Seite. Das Ziel der Wiedereigliederung ist, dass der Arbeitnehmer wieder in seiner vorherigen Position arbeitet. 

Sollte es in der bisherigen Position des Arbeitgebers jedoch keine Kapazitäten geben,so werden auch weitere Tätigkeiten, welche sich dem Arbeitnehmer zumutbar erweisen, als passende Tätigkeiten erachtet. Dabei können sowohl inhaltliche als auch zeitliche Änderungen der Arbeitstätigkeit erfolgen. So ist es möglich, dass der Arbeitnehmer nach seiner Wiedereingliederung zwar in der gleichen Abteilung, aber in einem anderen Aufgabenbereich und anstatt Vollzeit nun Teilzeit arbeitet. Ein Arbeitnehmer gilt in den Niederlanden jedoch auch als wieder eingegliedert, wenn der Arbeitgeber ihm einen Job in einem anderen Betrieb beschafft. Dabei ist der Arbeitnehmer auch im Falle eines Betriebswechsels dazu verpflichtet, passende Arbeitsangebote anzunehmen. 

Für die Wiedereingliederung ist es erforderlich, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer jegliche ihnen mögliche Anstrengungen für die Wiedereingliederung des Arbeitsverhältnisses unternehmen. Sollte dies nicht der Fall sein, so hat z.B. der Arbeitgeber für ein weiteres Jahr, somit insgesamt drei Jahre, den Lohn des Arbeitnehmers fortzuzahlen.

 

Krankmeldung in den Niederlanden 

Anders als in Deutschland ist es in den Niederlanden nicht erforderlich, ein ärztliches Attest zur Krankmeldung einzureichen. Die meisten Allgemeinärzte werden selbst auf Nachfrage ein solches Attest auf Nachfrage nicht ausstellen. Es ist ausreichend, den Arbeitgeber über die Krankmeldung unverzüglich zu informieren. 

Sollte der krankheitsbedingte Ausfall des Arbeitnehmers jedoch einen Zeitraum von einer Woche übersteigen, so beauftragt der Arbeitgeber den Betriebsarzt mit der Konsolidierung seines Arbeitnehmers. Der Betriebsarzt übernimmt jedoch nicht die ärztliche Betreuung und etwaige Heilungsmaßnahmen für den Arbeitnehmer, sondern stellt lediglich die Arbeitsunfähigkeit fest und schätzt den weiteren Krankheitsverlauf für den Arbeitgeber ein. Für die ärztliche Betreuung hat sich der Arbeitnehmer an seinen persönlichen Hausarzt zu wenden.  

Die Krankmeldung ist in den Niederlanden von der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu unterscheiden.

 

Kontakt 

Haben Sie weitere Fragen zur Arbeitsunfähigkeit in den Niederlanden oder in Deutschland? Unsere niederländischen und deutschen Anwälte für Arbeitsrecht haben viel Erfahrung in Sachen grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse. Nehmen Sie Kontakt auf mit unserer Anwältin Irith Hoffmann via hoffmann@damste.nl oder +31 630 5384 68.