Nehmen Sie gerne Kontakt auf mit
I.K.M. (Irith) Hoffmann LLM
I.K.M. (Irith) Hoffmann LLM Niederländische Anwältin
Logo
Kundigung in den Niederlanden Abfindung

Was Sie bei einer Kündigung in den Niederlanden beachten müssen

Lesezeit: 5 Minuten | Datum der Publikation: 05-04-2023 | Typ: Blog/Artikel | Verfasser: Irith Hoffmann

Bei einer Kündigung in den Niederlanden gelten teils strengere Regeln zum Schutz des Arbeitnehmers als in Deutschland. Arbeitgeber sollten daher das niederländische Arbeitsrecht gut im Blick haben, wenn es um Kündigungsfrist, Probezeit, Kündigungsschreiben, Abfindungen, Kündigungsgrund oder Kündigungsschutz geht. Unsere Anwältin für niederländisches Arbeitsrecht gibt Ihnen einen Überblick.

Kündigungsfrist in den Niederlanden

Die gesetzliche Kündigungsfrist in den Niederlanden ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedlich. Für Arbeitnehmer beträgt sie 1 Monat, während die Kündigungsfrist für Arbeitgeber sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses richtet. Das niederländische Recht sieht einen Zeitraum von 1 bis maximal 4 Monate vor für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Demnach gelten in den Niederlanden die folgenden Kündigungsfristen für Arbeitgeber:

  • Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt weniger als 5 Jahre: 1 Monat
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt 5 bis 10 Jahre: 2 Monate
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt 10 bis 15 Jahre: 3 Monate
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt mehr als 15 Jahre: 4 Monate
  • Kündigungsfrist für Arbeitnehmer: 1 Monat, egal wie lang das Arbeitsverhältnis

Wenn Sie im Arbeitsvertrag eine andere Kündigungsfrist vereinbaren, gilt die Regel, dass der Arbeitgeber immer die doppelte Anzahl an Monaten Kündigungsfrist hat wie der Arbeitnehmer. Wenn Sie die Anzahl falsch angeben, handelt es sich um eine anfechtbare Klausel im Arbeitsvertrag.

Sofern die Kündigungsfristen von einer Vertragspartei nicht eingehalten werden, ergibt sich ein Anspruch auf Schadensersatz der anderen Partei.

 

Kundigung in den Niederlanden Abfindung

Kündigung in den Niederlanden Überblick

 

Kündigung bei niederländischen Tarifverträgen

Niederländische Tarifverträge können mitunter abweichende Kündigungsfristen vorsehen, welche dann vorrangig gelten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich auch im Rahmen des Arbeitsvertrages auf Kündigungsfristen einigen, die von den gesetzlichen Kündigungsfristen abweichen. Jedoch ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers sechs Monate nicht überschreiten darf.

Für den Fall, dass die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers im Rahmen des Arbeitsvertrages über die gesetzliche Kündigungsfrist hinaus erhöht wird, steigt auch die Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechend proportional.

 

Kündigungsschreiben in den Niederlanden

Anders als in Deutschland, kann ein Arbeitnehmer in den Niederlanden nicht einfach per Kündigungsschreiben gegen seinen Willen entlassen werden. Bevor Sie als Arbeitgeber ein Kündigungsschreiben abschicken, muss die niederländische Arbeitsbehörde (UWV) oder das zuständige Amtsgericht den Grund für die Kündigung vorab prüfen. Mehr hierzu im folgenden Abschnitt.

 

Kündigungsgründe nach niederländischem Arbeitsrecht

In den Niederlanden ist die Kündigung eines Arbeitnehmers nur in den folgenden Gründen möglich:

  • (A) Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen
  • (B) Kündigung wegen langfristiger Krankheit
  • (C) Kündigung wegen regelmäßiger Berufsunfähigkeit
  • (D) Kündigung wegen Funktionsstörung
  • (E) Kündigung wegen verhaltensbedingten Handelns
  • (F) Kündigung wegen Arbeitsverweigerung aus Gewissensgründen
  • (G) Kündigung aufgrund eines gestörten Arbeitsverhältnisses
  • (H) Kündigung aus "anderen Gründen"

Mehr Informationen über die einzelnen Kündigungsgründe finden Sie auf unserer Unterseite zur Kündigung in den Niederlanden.

 

Kündigung während der Probezeit

Eine Kündigung, die während der im Arbeitsvertrag vereinbarten Probezeit erfolgt, ist nicht durch die niederländische Arbeitsbehörde oder das zuständige Amtsgericht zu prüfen. Schließlich ist der Zweck der Probezeit, die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Zeit zu testen und sich noch nicht verbindlich aneinander zu binden. Jedoch darf die Probezeit zur Umgehung von Kündigungsfristen nicht wahllos lang andauern oder verlängert werden.

Die Probezeit in den Niederlanden kann maximal 2 Monate betragen. Bei befristeten Arbeitsverträgen zwischen 6 und 12 Monaten beträgt sie maximal 1 Monat und bei befristeten Arbeitsverträgen, die nur 6 Monate dauern, gibt es sogar keine Probezeit.

 

Fristlose Kündigung in den Niederlanden

Die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers unterscheidet sich in den Niederlanden dahingehend von der ordentlichen Kündigung, dass der Arbeitgeber einen wichtigen Grund vorweisen muss, um das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.  Bei diesem wichtigen Grund handelt es sich um einen solch schwerwiegenden Grund, welcher es für den Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fortzuführen. Dazu zählen unter anderem die Verweigerung von Arbeit, Betrug oder Diebstahl sowie die sexuelle Belästigung oder Beleidigung von Mitarbeitenden oder Kunden.

Die fristlose Kündigung hat schriftlich zu erfolgen und der Grund für die Kündigung ist dem Arbeitnehmer ausführlich mitzuteilen. Der Arbeitnehmer hat bis zu zwei Monate nach Erhalt der fristlosen Kündigung die Möglichkeit, diese beim zuständigen niederländischen Amtsgericht anzufechten.

 

Kündigungsabfindung und Übergangsgeld

In vielen Fällen macht es Sinn für den Arbeitgeber, Verfahren vor der Arbeitsbehörde (UWV) und dem Amtsgericht und die damit verbundene Ungewissheit in Bezug auf die Wirksamkeit der Kündigung zu umgehen. In der Praxis bevorzugen viele Arbeitgeber daher die Vereinbarung einer Kündigungsabfindung (auf niederländisch: „vaststellingsovereenkomst“ oder „VSO“) und die Zahlung eines Übergangsgeldes (auf Niederländisch: „transitievergoeding“). Eine Kündigungsabfindung bei durch den Arbeitnehmer erfolgten Kündigung ist nicht möglich. Durch die Kündigungsabfindung einigen sich die Vertragsparteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Arbeitnehmer erhält eine Geldzahlung.

 

Höhe der Kündigungsabfindung in den Niederlanden:

  • Allgemein: 1/3 des Monatsgehalts x Anzahl der gearbeiteten Jahre = Abfindungssumme
  • Ausnahmen: in Einzelfällen gibt es abweichende Regelungen und höhere Abfindungssummen

 

Angemessene Vergütung

Unabhängig von dem Anspruch auf Übergangsgeld ist ein etwaiger Anspruch auf angemessene Vergütung (auf Niederländisch: „billijke vergoeding“). Ein solcher besteht, wenn die Kündigung auf ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers zurückzuführen ist. Der Anspruch auf die Zahlung einer angemessenen Vergütung wird auf Anforderung durch den Arbeitnehmer vom zuständigen Amtsrichter ausgesprochen.

 

Einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Sofern die Vertragsparteien einvernehmlich das Arbeitsverhältnis in den Niederlanden beenden und ihr Einverständnis in einem schriftlichen Aufhebungsvertrag festhalten, sieht das niederländische Recht keine Notwendigkeit der Überprüfung der Kündigung durch ein Amtsgericht oder die Arbeitsbehörde (UWV). Beachten Sie hierbei jedoch, dass Sie auch im Falle einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses die gesetzlichen Anforderungen in den Niederlanden bezüglich Kündigungsfrist und Abfindung/Übergangsgeld einhalten müssen. Andernfalls stellt die niederländische Arbeitsbehörde (UWV) Nachfragen oder erhält der Arbeitnehmer eventuell kein Arbeitslosengeld. Nach der Vorlage des Aufhebungsvertrages gegenüber dem Arbeitnehmer steht diesem eine einwöchige Bedenkzeit zu. Selbst nach Zustimmung zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses, ist der Arbeitnehmer berechtigt, seine zuvor ergangene Zustimmung innerhalb von 14 Tagen bzw. 21 Tagen zu widerrufen. Die Widerrufsfrist des Arbeitnehmers wird auf 21 Tage verlängert, sofern der Arbeitgeber die Aufklärung über die Widerrufsfrist im Vorhinein versäumte.

 

Kündigungsschutz in den Niederlanden

Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer gekündigt werden. Das niederländische Recht sieht jedoch einige Ausnahmen für die Kündigung von Arbeitnehmern vor:

  • Kündigung bei Krankheit: Für Erkrankte gilt während der ersten 2 Jahre ihrer Erkrankung Kündigungsschutz.
  • Kündigung in der Schwangerschaft: Für schwangere Frauen gilt Kündigungsschutz in den Niederlanden.
  • Kündigung im Mutterschutz: Auch während der Mutterschutz-Phase gilt nach niederländischem Recht Kündigungsschutz.
  • Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates, -komitees oder des Personalausschusses dürfen ebenfalls nicht gekündigt werden.

 

Fragen zu Kündigungen in den Niederlanden?

Wenn Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer Fragen zur Kündigung in den Niederlanden haben, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Unsere Kanzlei ist auf die Beratung im deutsch-niederländischen Arbeitsrecht spezialisiert und kann Sie mit niederländischen und deutschen Anwälten für Arbeitsrecht sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland vor Gericht vertreten. Nehmen Sie gern auf Deutsch Kontakt auf mit Frau Irith Hoffmann per E-Mail an hoffmann@damste.nl oder via Telefon unter +31 630538468.

Diese Information teilen: